Der Berg ruft (Teil 1 und 2)
Der Berg ruft (Teil 1 und 2)
Sicherlich keine Anekdote und schon gar keine heitere Geschichte, die ich mit den nachfolgenden Zeilen erzählen möchte, sondern vielmehr die Beschreibung einer aus heutiger Sicht betrachteten „Haus-Aktion“, die hätte unglaublich ins Auge gehen können! War es etwa die pure Neugierde und das unendliche Verlangen einiger Teenager nach einem packenden Abenteuer oder war es einfach nur jugendliche Unvernunft, gepaart mit einer heftigen Portion Leichtsinn, die uns in einer dieser lauen Sommernächte des Jahres 1973 in Richtung Wiehengebirge, zum Jakobsberg hat fahren lassen? Oder war es die unglaubliche Kraft des Reizes jener Tage, etwas Verbotenes durchzuziehen, ohne dabei erwischt zu werden? Wenn ich heute mit Ratio darüber nachdenke, dann war es wohl mehr eine Kombination aus all dem zuvor Genannten. Doch was genau hat sich zugetragen?

-uschi-, Bad Vilbel, 01.12.12 ... wird fortgesetzt ...
Anmerkungen zu den mysteriösen Höhlen unter dem Jakobs- und Portaberg:
Inzwischen hat es mich gereizt zu erfahren, was es mit den sonderbaren Höhlen unter unseren heimischen Gebirgen auf sich hatte. Infolge dessen habe ich ein wenig recherchiert und interessante Dinge herausgefunden. Ich will das allerdings an dieser Stelle nicht ausführlich behandeln, da es aus meiner Sicht nicht auf diese Seite gehört. Interessierte, die des „googelns“ mächtig sind, werden einschlägige Seiten finden, die sich ausgiebig mit dem Thema beschäftigen. Nur soviel sei gesagt: im Jahr 1943 hatte die SS entschieden, einen Großteil der Rüstungsproduktion in ehemalige Bergwerke und Stollen, zum Schutz vor den alliierten Bombardements, zu verlegen. Das Einrichten s. g. U-Verlagerungen geschah auch in einem immensen Umfang im Wiehen- und Wesergebirge. Unter dem Fernsehturm befand sich auf mehreren Ebenen das niederländische Philips-Elektronen-Röhrenwerk, das Spulenwerk Rentrop sowie das DERAG-NERAG Hydrierwerk. Der Deckname für den unteren Teil, auf Höhe der heutigen B482, lautete Dachs 1. Für den oberen Teil hatte man den Namen Stör 1 vergeben.
Teil 2 ...

Wir drangen immer tiefer in den Berg hinein, folgten engen Gängen und Abzweigungen. Beeindruckt von der Größe und Weite der ehemaligen Anlagen verloren wir jegliches Zeitgefühl und ... letztlich auch die Orientierung. Irgend einer stellte mit deutlich hörbar nervöser Stimme die Frage: „Wo sind wir eigentlich? Hat sich jemand den verdammten Weg gemerkt, damit wir hier wieder herauskommen?“ Det S. versicherte mit dem Brustton der Überzeugung: „Keine Angst, den Ausgang finden wir schon wieder!“ Doch es sollte anders kommen! Nach Mehrheitsbeschluss traten wir ad hoc den Rückweg an und waren alle überzeugt, recht bald wieder die roten Positionsleuchten des vertrauten Fernsehturms erblicken zu können. Doch weit gefehlt! Wir irrten durch unwegsame Gänge, die uns überhaupt nicht bekannt vorkamen. „Hier waren wir doch noch nie!“, bemerkte Ernte mit hektischem Klang in seiner Stimme. Mir rollten die Schweißperlen wie ein Wasserfall über die Stirn, ein unbeschreibliches Angstgefühl, das ich heute als Todesangst beschreiben würde. Es dauerte mehr als zwei Stunden, bis wir wieder auf etwas stießen, das uns bekannt vor kam. Infolge massiver Angst wurden beim anspruchsvollen und nicht gerade leichten Klettern zu einer schmalen Öffnung hinauf in uns allen bis dahin ungeahnte Kräfte freigesetzt. Die ersten Sonnenstrahlen bohrten sich bereits durch die leicht vom Wind bewegten Blätter der Bäume des Wesergebirges hindurch, als wir total geschafft, sichtlich außer Atem, vollkommen verdreckt und mit teilweise zerrissener Kleidung wieder auf dem Parkplatz vor der „Pinsel-Burg“ ankamen. Seit unserer Abfahrt vom Hof unseres Hauses in Todtenhausen waren mehr als sieben Stunden vergangen. Langsam verringerte sich die Pulsfrequenz und mir war klar, dass ich das nicht unbedingt noch einmal erleben wollte ...
-uschi-,
geschrieben während einer ungewöhnlich langen Fahrt im ICE von München nach Frankfurt am 17.01.2013
Samstag, 1. Dezember 2012
Autor: Uschi